Offener Brief an den Berliner Senat und die Regierungsfraktionen gegen die Instrumentalisierung der Rigaer 94 zu Wahlkampfzwecken

Das Syndikat-Kollektiv veröffentlicht an dieser Stelle den offenen Brief, der von einigen Aktivist*innen der Berliner Mietenbewegung geschrieben wurde.

Offener Brief an den Berliner Senat und die Regierungsfraktionen gegen die Instrumentalisierung der Rigaer 94 zu Wahlkampfzwecken

Wir sprechen uns gegen die Instrumentalisierung angeblicher Brandschutzmängel in der Rigaer Straße 94 aus. Die Befürwortung eines großen Polizeieinsatzes zur Begehung der Rigaer 94 durch einen Brandgutachter wurde durch das Engagement des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg als das entlarvt, was es war: Ein völlig aus dem Kostenrahmen gefallener Wahlkampfauftakt für Innensenator Geisel und seine Partei, die SPD. Baustadtrat Schmidt hat versucht, eine durch den Innensenator geplante Eskalation zu verhindern. Dies scheint ihm gelungen zu sein. Es hat eine Begehung durch eine Gutachterin des Bezirkes stattgefunden. Bei der Begehung wurden keine gravierenden Mängel festgestellt.

Dass ein Innensenator Tatsachen schaffen möchte, ohne auf Gerichtsurteile zu warten oder deren Urteil anzuerkennen, erinnert stark an viele seiner Vorgänger und die von ihnen verantworteten Polizeieinsätze, die immer wieder von Gerichten als unrechtmäßig eingestuft wurden. Dieses Verhalten zeugt von einem dem Innensenator nicht würdigen Rechtsstaatsempfinden. Und dies alles, um einem Eigentümer, der sich hinter einer englischen Briefkastenfirma verbirgt und schon mehrfach seinen Rechtsanspruch auf dieses Haus vor Gericht nicht beweisen konnte, zu seinem vermeintlichen Recht zu verhelfen.

Wir erwarten von den regierenden Parteien im Senat, SPD, Grüne und Linke, ein klares Statement gegen dieses Handeln. Hier muss klar Stellung bezogen werden. Hört auf, unsere Kieze durch diese brutalen und martialischen Räumungen zu attackieren und die sozialen Nachbarschaftsnetze zu zerstören. Investiert stattdessen die gesparten Steuergelder in sozialen und bezahlbaren Wohnraum und Treffpunkte. Immer wieder heißt es bei Vorkaufshäusern, es sei kein Geld da. Doch für eine Räumung kann der Senat scheinbar leicht eine halbe Million Euro und mehr aufwenden. Der Wahlkampf macht euch blind und entfernt euch noch weiter von den Interessen und Bedürfnissen der Bewohner*innen dieser Stadt. Stellt euch an unsere Seite, die Seite der Mieter*innen. Schützt unseren Wohnraum und unsere Kieze, statt sie anzugreifen. 

Diese Stadt ist bekannt und wird geliebt für ihre Diversität und Offenheit. Zu dieser Stadt gehören die Rigaer 94, die Liebig 34, das Syndikat, die Zeltstadt in der Rummelsburger Bucht, die Meuterei, die Jugendzentren Drugstore und Potse, alle Wohnprojekte, alle kämpfenden Häuser, alle Mieter*innen, die durch die Spekulation bedroht sind, alle Menschen, die durch verschiedene Arten der Diskriminierung keine Wohnungen finden. Wir alle sind Berlin und wir bleiben!

Paris, London, Rom mit ihren toten Innenstädten – das sind keine Vorbilder. Wir Berliner Mieter*innen sind europaweit Vorbilder, weil wir uns wehren, um unsere Nachbarschaft und Kiezstrukturen zu schützen, weil wir gemeinsam kämpfen. Unterstützt uns dabei, statt uns zu räumen!

Solidarisiert euch mit unseren Kämpfen für eine solidarische Stadt, wo jeder sein Platz hat. 

Übrigens sind Gruppen, die die außerparlamentarische Opposition oder Stimme darstellen, zentral für die Demokratie. Vergesst das nicht. 

Schluss mit dem Theater und der Inszenierung eines Brandschutzgutachtens für Wahlkampfspielchen. Rigaer94 bleibt!

Liste der Unterzeichnenden Initiativen, Projekte und Gewerbe:

AG Eigenbedarf kennt keine Kündigung – AG Nachbarschaft Schillerkiez – AG Soziales und Generationen – Aktivistinnen für Wohnen, Mieten und Soziales – ANONYME ANWOHNENDE – Berliner MieterGemeinschaft – Bezirksgruppe Friedrichshain – Berliner MieterGemeinschaft Kreuzberg – Bizim Kiez – Bündnis Mieterprotest Kosmosviertel – Bündnis Zwangsräumung verhindern – Clash – Deutsche Wohnen und Co Enteignen – Drugstore-Kollektiv – Einzelperson von AUFSTEHEN“ (AG WOHNEN) – ElWe44 Elbe/Weigandufer 44 – Franken Bar – Franziskaner – Gentrifidingsbums – GloReichen Nachbarschaft – Goldene Hahn – Hausprojekt Ausnahms-Weise Neukölln – Hausprojekt Wilma 19 – Initiative Hermannplatz – Jogida – Jodel Offensive gegen Idiotisierung durch Angst – Kiezpalaver Schöneberg – Kiezversammlung 44 – køpi & køpi wagenplatz – Kreische – Kulturhof Koloniestrasse 10 –  Kunstblock and beyond – Lause bleibt! – Leipzig für Alle: Aktionsbündnis Wohnen – Mieter:innengewerkschaft Berlin – Mieterpartei – Milchbar – Netzwerk kommunal und selbstverwaltet Wohnen – Netzwerk Leipzig – Stadt für Alle – Pirata Patata – Potse-Kollektiv – Quartiersmanagement Grunewald – Rentvolution – Rock ’n‘ Roll Herberge – Schule für Erwachsenenbildung e.V. – Solikomitee der Liebig 34 – Stadtteilinitiative Alt-Treptow gegen Mieterhöhung & Verdrängung – Stadtteilinitiative WEM GEHÖRT KREUZBERG – Stadtteiladen Lunte – Syndikat-Kollektiv – Trittbrettfahrer e.V. , Hausverein Manteuffelstrasse 39 – Vernetzung der Akelius-Mieter*innen – Villa Felix im Nordkiez