Wir ihr mit Sicherheit wisst, haben wir seit dem 01.01.2019 keinen gültigen Mietvertrag mehr. Am Tag darauf sollten wir die Schlüssel an Vertreter*innen der Hausverwaltung Deutsche Immobilien Management (DIM) abgeben. Das haben wir nicht getan, sondern sie durch eine unserer Anwält*innen wissen lassen, dass wir – wie die 33 Jahre davor – in unseren Räumen bleiben werden.
Wir haben gehofft, dass der Druck und das öffentliche Interesse der letzten Wochen und Monate unsere „Eigentümer“ Pears Global Real Estate Germany, die sich hinter der luxemburger Briefkastenfirma „Firman Properties sarl“ verstecken, dazu bewegt haben, unsere Kündigung zu überdenken. Da der berliner Ableger der Pears Gruppe sich jeglichem Gespräch verweigert hat – sowohl mit uns, als auch mit der Presse und Lokalpolitiker*innen – sind wir schlussendlich sogar nach London gefahren, um am Hauptsitz der Pears Group an verschiedenen Orten ihres Firmen- und Stiftungsgeflechts zu protestieren und mit Verantwortlichen zu sprechen.
All dies hat bislang nichts genutzt. Wie wir am vergangenen Donnerstag erfahren mussten, hat die Rechtsanwaltskanzlei Groß, im Namen der Briefkastenfirma, am 14. Januar Räumungsklage beim Landgericht Berlin eingereicht.
Großzügig wurde uns das Angebot gemacht, dass wir bei einer freiwilligen Herausgabe unserer Räumlichkeiten über diesbezügliche Modalitäten verhandeln könnten. Unterm Strich könnten wir uns also das Ende einer 33 jährigen Kiezinstitution noch vergolden und vielleicht den Umzug bezahlen lassen. Aber jeder Tag, den das Syndikat weiter geöffnet hat, ist für uns – unsere Gäste und unseren Kiez – mit Geld nicht aufzuwiegen.
Was passiert jetzt?
Wir warten darauf, bis das Landgericht Berlin einen Verhandlungstermin für den Räumungsprozess ansetzt. Wie lange das dauert, können weder wir, noch unsere Anwält*innen seriös einschätzen. Wir werden natürlich bis dahin keine Däumchen drehen, sondern weiterhin unseren Protest und unsere Wut in die Öffentlichkeit, auf die Straße und zu den Verantwortlichen tragen. Wenn die Gegenseite geglaubt hat, wir würden durch die Räumungsklage resignieren, wollen wir sie eines Besseren belehren. Sollte es nun in absehbarer Zeit zu Ende gehen, dann nicht mutlos und leise, sondern laut, leidenschaftlich und wütend.
Was könnt ihr tun?
Die Gegenseite weiß, dass sie mit uns keine einfache 08/15 Kneipe rausschmeißen will und hat das mit vielfachem Protest und Öffentlichkeit auch zu spüren bekommen. Sorgen wir weiterhin dafür das der Druck bestehen bleibt und steigt. Konfrontieren wir alle Beteiligten mit unserem Protest und machen wir die Sache für sie so unangenehm wie möglich. Wer einem Kiez einen wichtigen Teil seiner Infrastruktur wegnehmen will, muss damit leben, dass dies nicht unwidersprochen bleibt.
Konkret meinen wir:
Solidarität & Öffentlichkeit
Macht deutlich und sichtbar, was ihr vom drohenden Ende des Syndikats haltet und auf welcher Seite ihr steht. Hängt Soli-Banner von euren Balkonen, oder Soli-Botschaften in die Fenster. Legt Flyer in eurer Umgebung aus, macht Soli-Fotos, schriebt Soli-Statements, organisiert Veranstaltungen, beteiligt euch an unseren Aktionen, teilt unsere Posts und Termine in den sozialen Medien und seid nicht scheu, auch immer wieder klar und namentlich zu benennen, wer für unsere Verdrängung verantwortlich ist. Denn es ist immer eine bewusste Entscheidung, auch als Hausverwaltung oder Anwaltskanzlei, sich als Handlanger an der aktiven Zerstörung gewachsener Kiezstrukturen zu beteiligen, oder eben nicht.
Konfrontiert die Verantwortlichen
Jede Entscheidung, jede Aktion erzeugt eine Reaktion. Das ist eine elementare Erfahrung, die jede*r von uns schon in frühsten Jahren macht und dies gilt natürlich auch im Geschäftswesen. Wir finden es legitim, persönlichen Protest dorthin zu tragen, wo Entscheidungen, mit denen wir nicht einverstanden sind getroffen und umgesetzt werden. Also sagt den Verantwortlichen klar und deutlich, was ihr vom drohenden Ende des Syndikats haltet, was euch das Syndikat bedeutet und wieso ihr es wichtig findet, das wir bleiben. Bekanntlich funktioniert Informationsaufnahme besonders gut, wenn sie durch verschiedene Methoden und Mittel stattfindet. Seid also kreativ. Aber denkt bitte auch daran, dass die*der Sachbearbeiter*in oder andere kleine Rädchen in so großen Firmen, die wenigste Verantwortung und Entscheidungsgewalt tragen.
Kämpft auch für andere bedrohte Projekte und die Stadt von Unten
Wir kämpfen nicht nur, um unseren eigenen Arsch zu retten. Unser drohendes Ende ist kein Einzelfall, sondern Symptom einer völlig verkorksten Stadtpolitik, in der Eigentum und Rendite weniger, über den Bedürfnissen vieler stehen. Und in diesem brutalen System geht es natürlich denjenigen zuerst an den Kragen die dieses Spiel nicht mitspielen wollen, oder können. Selbst wenn wir es doch schaffen das Syndikat zu retten, werden gleichzeitig viele andere dieses Glück nicht haben. Wir brauchen also einen radikalen Wechsel in den Grundsätzen, nach denen Wohnen, Leben und Arbeiten in dieser Stadt und überall funktioniert.
Solidarisiert euch mit den anderen, akut von Schließung und Verdrängung bedrohten Projekten und Orten, wie der Meuterei, der Liebig34, Potse & Drugstore, G17A, Kamil Mode, Lause, Freibeuter, oder der Rummelsburger Bucht. Seid solidarisch mit euren Nachbar*innen, wenn sie von Kündigung, Zwangsräumungen und Verdrängung bedroht sind. Organisiert euch in euren Freundeskreisen, euren Häusern, euren Kiezen, nehmt keine Ungerechtigkeit, keine Schikane einfach widerspruchslos hin, sondern widersetzt euch. Gemeinsam & solidarisch. Und vor allem: Macht immer und überall öffentlich Druck. Druck gegen Investor*innen, für die nur die Rendite und nicht eure Bedürfnisse zählen. Druck auf die Politik, die das Loblied des freien Marktes jahrzehntelang mitgesungen hat. Und Druck auf alle, die diese brutale Zerstörung unserer Wohn- und Lebensräume mittragen, unterstützen und umsetzen.
Lasst uns gemeinsam 2019 zu einem Jahr der Entscheidungen machen. Und lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Entscheidungen klar und deutlich ausfallen. Wir wollen eine andere Stadt, eine solidarische Stadt, eine Stadt von Unten.