Corona ist vorbei!? – der Senat lässt wieder räumen…
Corona war für uns bisher ein Auf- und Ab der Gefühle. Auf den sehr plötzlichen Shutdown und die Angst, ohne richtigen Abschluss den 1. Räumungsversuch am 17. April erleben zu müssen, folgte dann kurz vor knapp dessen Absage. Daraufhin eine lange Hängepartie, finanzielle Sorgen und die Unklarheit, ob wir jemals wieder in irgendeiner Form öffnen können. Dann letzte Woche die recht überraschende Nachricht wieder unter bestimmten Bedingungen öffnen zu können. Die Freude hielt leider nicht lange, denn an unserem 2. (halb-)offenen Tag erreichte uns wieder Post von Obergerichtsvollzieher Bossin: der zweite erste Räumungsversuch soll nun am Freitag, den 7. August um 9 Uhr stattfinden.
Auch wenn uns die Nachricht wütend und traurig macht, so kommt sie natürlich nicht überraschend. Uns war klar, dass die Corona-Pandemie weder unseren sogenannten Eigentümer Pears Global zu Vernunft bringt, noch dass die viel beschworene Solidarität und Rücksichtnahme von Seiten der Politik irgendeinen nachhaltigen Effekt nach sich zieht. Oder gar ein rot-rot-grüner Senat mal auf die verrückte Idee kommt, dass Wohnraum und soziale Orte wichtig und so schützenswert sind und deshalb nicht zwangsgeräumt werden dürfen. Die Botschaft ist eindeutig: die Maschinerie muss wieder laufen wie zuvor und dazu gehört auch die der Verdrängung.
Wir sehen das wenig überraschend anders. Aber zumindest eines wird sicher bleiben wie zuvor und das ist unser Protest gegen die Räumung und das drohende Ende des Syndikats.
Die Corona-Krise hat noch einmal gezeigt, dass unser Kiez und ganz Berlin nicht weniger Orte wie das Syndikat brauchen, sondern viel mehr davon. Solidarische Orte des Zusammenkommens, die allen Menschen – unabhängig von Geldbeutel, sozialem Status, Hautfarbe und geschlechtlicher und sexueller Identität – offen stehen und wo genau die Netzwerke geknüpft und vertieft werden können, die in unsicheren Zeiten wichtiger sind, denn je.
Unsere Zwangsräumung könnte eine der ersten nach dem Shutdown sein, es wird sicher nicht die Letzte. Liebig34, Potse und Meuterei sind ebenfalls weiterhin akut bedroht. Und generell stehen unzählige Menschen, Kleingewerbetreibende und sozialen Projekte nach Jobverlust, Kurzarbeit oder Shutdown vor einer unsicheren Zukunft und während Maßnahmen der Politik außschließlich die Mieteinnahmen der Eigentümer:innen absichern, brauchen wir Ersparnisse auf, verschulden uns oder sparen an allem anderen bis es quietscht.
Der Kampf um den Erhalt des Syndikats ist deshalb nicht nur ein Kampf um die reine Existenz und weitere 35 Jahre bierselige Abende, sondern steht auch symbolisch für den generellen Widerstand gegen Ausgrenzung und Verdrängung und für eine ganz andere Form des gemeinsamen Wohnens, Lebens und Arbeitens. Für eine Stadt für Alle, in der die Bedürfnisse aller dort lebenden Menschen im Mittelpunkt stehen und nicht allein der Profit weniger Menschen und Unternehmen.
Mit Sorge blicken wir aber nicht nur auf unsere und all die anderen drohenden Räumungen, sondern auch auf die vielen anderen Verwerfungen die jetzt (wieder) deutlich zu Tage treten, oder die sich anbahnen. Schon jetzt werden Rufe laut, das die Kosten dieser Krise wieder die üblichen Verdächtigen tragen sollen: wir. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass Gesetzesverschärfungen und Grundrechtseinschränkungen in Krisen-Zeiten danach nur selten wieder zurück genommen werden, während gleichzeitig reaktionäre und autoritäre Bewegungen und Regierungen im Aufwind sind und gefühlt täglich neue rechtsradikale „Einzelfälle“ (oder Einzelfall-Netzwerke) in den Sicherheitsbehörden aufgedeckt werden. Die EU hat ihr letztes bisschen geheuchelten Humanismus verloren und trägt Corona nun vor sich her, um Geflüchtete in Elendslagern an den Grenzen vegetieren oder im Mittelmeer ertrinken zu lassen. Und da war ja noch irgendwas mit Klima.
Die Liste ist lang und mehr als unvollständig, aber sie zeigt wohin die Reise geht.
Also lasst uns gemeinsam dagegen halten, ob im Kampf für eine solidarische Stadt und den Erhalt der bedrohten Projekte, gegen sozialen Kahlschlag, Rassismus in Staat, Sicherheitsbehörden und Gesellschaft, das Patriarchat oder für offene Grenzen und sichere Fluchtrouten. Und lasst uns natürlich in den nächsten 8 Wochen bis zum zweiten ersten Räumungsversuch nochmal klar und deutlich machen: Jetzt Erst Recht! – Syndikat Bleibt!
Corona’s over!? – The Senate is starting evictions again…
Corona has been an up and down of emotions for us so far. After the very sudden shutdown and the fear of having to experience the first evacuation attempt on April 17th without a proper conclusion, the cancellation followed shortly before. Thereupon a long hangover, financial worries and the uncertainty whether we would ever be able to open again in any form. Then, last week, the rather surprising news of being able to open again under certain conditions. Unfortunately, the joy did not last long, because on our 2nd (semi-)open day, we received mail from Bossin, the bailiff of the high court, again: the second first eviction attempt is now scheduled for Friday, August 7th at 9 am.
Even if the news makes us angry and sad, it does not come as a surprise. It was clear to us that the Corona pandemic would not bring our so-called owner Pears Global to its senses, nor would the much-vaunted solidarity and consideration from politicians have any lasting effect. Or even a red-red-green senate might get the crazy idea that housing and social places are important and so worthy of protection and therefore must not be evicted by force. The message is clear: the machinery must run again as before, and that includes displacement.
Not surprisingly, we see things differently. But at least one thing will remain secure as before and that is our protest against the eviction and the threatening end of Syndikat.
The Corona crisis has shown once again that our neighbourhood and the whole of Berlin need not fewer places like Syndikat, but much more of them. Places of solidarity, open to all people – regardless of wallet, social status, skin colour and gender and sexual identity – where exactly those networks can be built and deepened that are more important in uncertain times than ever before.
Our forced eviction could be one of the first after the shutdown, it will certainly not be the last. Liebig34 , Potse and Meuterei are also still acutely threatened. And in general, countless people, small businesses and social projects are facing an uncertain future after job loss, short-time work or shutdown, and while political measures exclusively secure the rental income of the owners, we need savings, go into debt or save on everything else until it squeaks.
The fight for the preservation of Syndikat is therefore not only a fight for pure existence and another 35 years of beer-drenched evenings, but also symbolizes the general resistance against exclusion and displacement and for a completely different form of living and working together. For a city for all, in which the needs of all people living there are the focus of attention and not just the profit of a few people and companies.
With concern we do not only look at our and all the other threatening evictions, but also at the many other distortions that are now (again) clearly coming to light, or that are imminent. Even now, shouts are being raised that the costs of this crisis should once again be payed by the usual suspects: us. From the past we know that tightening of laws and restrictions of basic rights in times of crisis are rarely taken back afterwards, while at the same time reactionary and authoritarian movements and governments are on the upswing and feel that every day new right-wing extremist „individual cases“ (or individual case networks) are uncovered by the security authorities. The EU has lost its last bit of hypocritical humanism and is now carrying Corona in front of it to let fugitives vegetate in slums at the borders or drown in the Mediterranean. And there was also something about climate.
The list is long and more than incomplete, but it shows where the journey is heading.
So let us stand together against it, whether in the fight for a city of solidarity and the preservation of the threatened projects, against social clear-cutting, racism in the state, security authorities and society, patriarchy or for open borders and safe escape routes. And of course let us make it clear once again in the next 8 weeks until the second first attempt at eviction: Now more than ever! – Syndikat Stays!